Die Geschichte vom großen Kamelhengst Stanislaus
und der kleinen Maus Frieda

Lese-/Vortragszeit ca. 10 Minuten

 

 

 

 

 

In Afrika war einst was los.
Da war ein Treffen nur von Tieren.
Die wollten einen König wählen.
Der sollte alle dann regieren.

 

 

 

Man sah wohl tausend und viel mehr.
Von Tieren gleich ein großes Heer

 

 

 

 

 

 

Ganz vorne stand ein Hengstkamel.
Das nannte sich Herr Stanislaus
und war ein Lümmel, stark und frech.
Viel Dummes dachte der sich aus.

 

 

 

Er schrie: "Es darf nur König sein,
wer etwas kann, das keiner kann -
und außerdem vier Beine hat.
Nur diesen wählen wir sodann!"

 

 

 

Die Vögel riefen: Pfui! Gemein!
Dann fliegen wir sofort nach Haus!
Denn hier betrügt und lügt und mogelt
das Hengstkamel, Herr Stanislaus!

 

 

 

Wir können ohne König leben
und frei am hohen Himmel schweben.

 

 

 

Herr Stanislaus, der grinste nur.
Von Reue sah man keine Spur.

 

 

 

Er rief: "Okay, schon halb gewonnen!
Mein Plan ist gut und sehr bedacht.
Wir Vierbeintiere zeigen jetzt
wie man sich einen König macht

 

 

 

Wer etwas kann, das keiner kann,
nur der soll unser König sein!
Wer dieses will, der meldet sich
und hebt das rechte Vorderbein.

 

 

 

Fast alle Tiere taten das
und sagten damit deutlich Ja.
Dann sahen sie zum Hengstkamel,
und ahnten nicht, was nun geschah.

 

 

Herr Stanislaus sprach: "Very well!
Ich danke euch. Und jetzt gebt acht.
Es ist gewiss, dass ihr schon bald
das klügste Tier zum König macht

Wer kann denn beißen, rennen, springen?"
Ich, ich! Ich, ich! so riefen alle,
die dort im großen Kreise standen –
denn niemand ahnte eine Falle.

Das Hengstkamel erklärte: "Sorry.
Ihr könnt nur das, was jeder kann.
Von euch kann keiner König sein.
Ihr dürft nur wählen. Fangt mal an

und wählt den Allerklügsten aus.
Wählt alle mich, Herrn Stanislaus!"

 

 

 

 

Der Elefant erhob den Rüssel.
und sprach: "Kamel, erkläre mal,
was du denn kannst. Nur du allein.
Das ist Bedingung für die Wahl."

 

 

 

"Dann staunt", begann das Hengstkamel.
"Ich bin ein Ringer. Ich kann ringen.
Nur ich kann das, was keiner kann –
und niemand kann mich je bezwingen!"

 

 

 

Der Löwe grollte: "Quatsch nicht so!
Ich rate dir, uns schnell zu sagen,
was Ringen ist und was du kannst.
Ich werde dich nicht zweimal fragen!"

 

 

 

Herr Stanislaus erklärte stolz:
"Ihr Lieben. Gern. Dann hört mal her.
Das Ringen ist ... Das Ringen ist ...
Das Ringen ist ...ist ziemlich schwer.

 

 

 

Zwei Tiere müssen sich umschlingen.
Die stoßen, schieben, ziehen, drücken.
Sie heben, strecken, biegen, würgen,
umklammern sich am Bauch und Rücken.

 

 

 

Wer endlich auf die Erde fällt,
wer dort auf seinem Hintern liegt
und dann mit seinen Beinen strampelt,
der hat verloren, ist besiegt."

 

 

 

"Igitt...!" erklärte die Giraffe.
"Wir können beißen, rennen, springen,
nicht aber solche Menschereien!
Von uns kann wirklich niemand ringen!"

 

 

 

"Da hört ihr's", rief Herr Stanislaus.
"Nur ich kann das, was keiner kann.
Nur ich darf euer König sein.
Nun wählt mich schon. Fangt endlich an!"

 

 

 

So mancher große Kopf - ist wie ein leerer Topf

 

 

 

Da rief...am Boden...eine Stimme:
"Ich kann das auch! Auch ich kann ringen!
Ich bin ein Meister dieser Kunst -
und will das Hengstkamel bezwingen!

 

 

 

Dann bin ich überall bekannt
und Königin in diesem Land!"

 

 

 

Die Tiere guckten sehr verwundert,
dann sah'n sie Frieda, eine Maus.
Die saß vor einem kleinen Loch,
der Tür zu ihrem Mausehaus.

 

 

 

"Du, Frieda", sprach der Elefant,
"was hast du dir da ausgedacht?
Herr Stanislaus ist riesengroß.
Von dem wirst du doch platt gemacht!"

 

 

 

 

 

Und dieser schrie: "Du kleiner Krümel!
Wie kannst du Winzling allen sagen,
dass du schon weißt, was Ringen heißt!
Du wirst bald zittern, wimmern, klagen!

 

 

 

Nur wenn ich puste, fliegst du schon
wie eine Feder in die Höhe!
Du Fürzchen bist viel kleiner noch
als jeder meiner siebzig Flöhe!"

Die Frieda wurde ärgerlich.
Sie rief: "Kamel, halt’s Maul!
Du Trampeltier! Du gibst nur an!
Zum Ringen bist du viel zu faul!

 

 

Du großer Berg aus Fleisch und Fett
kannst nur mit diesem imponieren!
Verstand dagegen hast du nicht.
Du bist das dummste von uns Tieren."

 

 

 

 

Der Elefant erhob den Rüssel.
Er rief: "Papu! Papu! Papu uu!
Dann fangt mal an. Dann ringt doch mal!.
Wir machen Platz. Wir sehen zu!

 

 

 

Papuu, Papuu! Es geht schon los.
Die Frieda läuft durch’s hohe Gras.
Herr Stanislaus belächelt sie.
Für ihn ist dies ein großer Spaß.

 

 

 

Und jetzt ... Oh seht! Sie ist am Bein!
Die Frieda läuft geschwind nach oben!
Sie würgt den Stanislaus am Hals...!
Man muß den Mut des Mäusleins loben!"

 

 

 

Das Hengstkamel, Herr Stanislaus,
verstand dann nicht, was ihm geschah.
Er schnaubte wütend, weil er bald
die kleine Frieda nicht mehr sah.

Er spürte sie, mal hier, mal dort,
ein Kribbelkrabbel irgendwo
am Bauch, am Rücken und am Hals
und außerdem auch noch am Po.

Er schrie: "Du Zwerg! Du Ungeziefer!
Du kleines Aas! Ich kriege dich!
Ich werde dich zu Brei zertreten!
Du Mistvieh endest jämmerlich!"

 

 

 

Dann aber stand er starr vor Schreck.
Denn Frieda kroch ihm tief ins Ohr.
Zwei kleine spitze Schnurrbarthaare,
die ragten noch daraus hervor.

 

 

 

Das kleine Vieh! Was machte sie?

 

 

 

Sie tat nun das, woran man denkt...
Doch niemand konnte dieses sehen.
Herr Stanislaus schrie sehr entsetzt:
"Herrjeherrje! Was tut geschehen?"

 

 

 

Es wurde warm in seinem Ohr.
Die Frieda schaute frech heraus.
Ihr Sitzplatz war, man sagt’s nicht gern,
ein Klo für diese kleine Maus.

 

 

 

Wer möchte solches wohl erleben?
Wer wüsste hier den guten Rat?
Das Hengstkamel, das große Tier,
bedachte gar nicht, was es tat.

 

 

 

Es schlackerte, es schlotterte
mit Kopf und Hals und Bauch und Schwanz.
Bereits von weitem war zu sehen:
Es war gewiss kein Siegertanz!

 

 

 

Die Tiere riefen aufgeregt:
"Herr Stanislaus... Es unterliegt!
Ein großes Wunder! Alle sehn
dass Frieda diesen Protz besiegt!

 

 

 

Und jetzt...? Und jetzt? Jetzt fällt er um!
Er liegt am Boden, strampelt sehr!
Wie hat das Mäuslein das gemacht?
Er wälzt sich wütend hin und her!"

 

 

 

 

 

 

Der Elefant begann zu zählen:
"Eins - und zwei - und drei - und - Aus!
Die Frieda ist die Siegerin!
Es lebe unsre kleine Maus!"

 

 

 

Herr Stanislaus, das Hengstkamel,
erhob sich mühsam, war beleidigt.
Er schnaubte Sand aus seiner Nase.
Und dämlich hat er sich verteidigt.

 

 

Er sprach: "War leider nicht gesund.
Das kann ja jedem mal passieren.
Nun wählt euch doch die Maus zum König.
Ich werde euch nicht gratulieren!"

Er ging zurück in seine Wüste
und sprach dort niemals mehr vom Ringen.
Er wusste ja, dass kleine Tiere
auch riesengroße oft bezwingen..

 

 

 

Die Frieda war nun sehr berühmt.
Das Mäuslein lebt auch heute noch.
Es guckt jetzt jeden Tag vergnügt
aus seinem kleinen Mauseloch.

 

 

 

Der Löwe aber wurde König.
Und er erklärte feierlich:
Das Ringen ist hier streng verboten!
Wer’s trotzdem tut, den beiße ich!

 

 

 

So wurde alles gut geregelt
im großen Lande Afrika.
Noch heute wissen dort die Tiere,
was einst mit dem Kamel geschah.

 

 

 

Auch alle Kinder wissen es:
Ein Riese muß nicht immer siegen.
Ein bärenstarker Kerl wird oft
dem mauseschwachen unterliegen.

 

 

 

Das war auch schon bei David so,
der einst den Goliath bezwang,
der Gott als seinen Herrn verehrte
und ihm so manches Loblied sang.

 

 

 

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